Einzeltextanalysen

Fundvogel

Der Roman Fundvogel von Hanns Heinz Ewers bietet aus heutiger Sicht – man kann es nicht anders sagen – eine äußerst merkwürdige Lektüre. Die 1928 erschienene Geschichte einer Transition einer jungen Frau zum Mann ist phantastisch angelegt, doch der Grusel oder gar Horror, der darin implizit sein soll, entfaltet sich heute nicht mehr. Auffallend ist dagegen für heutige Lesende die mangelnde psychologische Motivation der Handlung. Auch der historische Hintergrund des Textes, muss heute kritisch gesehen werden. Der Autor Hanns Heinz Ewers schrieb zwar vor 1930 einige Texte, die aus Diversitätsperspektive relevant sind, unterstützte später aber die Nationalsozialisten. Insgesamt ist sein Verhältnis zum Nationalsozialismus uneindeutig: Zwar schreibt er in den 1930er Jahren NS-Propaganda, dennoch wird er später mit Berufsverbot belegt und seine Texte (darunter auch Fundvogel) werden verboten. (vgl. z.B. Brandenburg 2003) Der Roman ist darum heute ein eher zeitgeschichtlich interessantes Dokument, das zeigt, mit welchen Fantasien die Idee einer Geschlechtsumwandlung einher ging, als solche chirurgischen Maßnahmen noch nahezu unerprobt waren.

Die Geschichte

Eine junge, reiche Amerikanerin (Gwinnie) verliebt sich ebenso unsterblich wie unglücklich in eine ältere deutsche Frau (Andrea Woyland). Um die gesellschaftliche Ächtung einer gleichgeschlechtlichen Beziehung zu umgehen, bezahlt der Vater die ihres Lebens eh etwas müde Andrea dafür, dass sie sich zu einem Mann umoperieren lässt. Das schnell beschlossene Unterfangen der erkauften Transition lässt sich allerdings nur schwer in die Tat umsetzen. In Amerika gibt es noch keine Ärzte, die ein solches Projekt durchführen würden. Aber der umtriebige Cousin von Andrea findet eine deutsche Ärztin, die sich mit dem chirurgisch riskanten Eingriff profilieren möchte. Die Umwandlung ist erfolgreich und aus Andrea wird Andreas. Alle scheinen zunächst sehr glücklich bis sich abzeichnet, was eigentlich von vornherein evident war. Gwinnie kann nicht einfach Andreas heiraten und auf diese Weise glücklich werden, so sehr sie es auch versucht, das homosexuelle Begehren verwandelt sich nicht einfach in ein heterosexuelles und statt Andreas zu lieben, trauert sie insgeheim um die geliebte Andrea.

Die traditionell-dörfliche Herkunft vom „Fundvogel“

In einem zweiten Erzählstrang wird die Kindheit und Jugend von Andrea erzählt, die als Enkelin einer Zentgräfin und leidenschaftlichen Falken-Jägerin aufwuchs. Da sie als Waisenkind ohne Eltern aufwächst, bekommt sie von ihrem Cousin den Spitznamen “Fundvogel”. Diese analeptische Erzählebene steht im scharfen Kontrast zu der – aus damaliger Perspektive – futuristischen Haupterzählung. Andreas Kindheit findet auf einem Landgut im Wald in einer dörflichen Umgebung statt. Sie ist die Erbin der Gräfin und wird von dieser streng und im Sinne der dörflich-konservativen Tradition erzogen. Die Erzählung der Vergangenheit der Protagonistin ist mit reichlich Lokalkolorit versehen und Dialoge stehen häufig im rheinischen Dialekt. Der Kontrast zwischen Tradition und neuer Zeit könnte kaum größer sein.

Die medizinische Fiktion der Umwandlung

Der 1928 erschienene Roman fiel zu seiner Publikationszeit ins Genre der phantastischen Literatur (vgl. Schneider 2002) und hat vor allem in der Beschreibung der Ärztin mit ihrer Profilierungssucht in der Fachdisziplin der Chirurgie,  – bis heute eine absolute Männerdomäne – wohl auch ein paar Parallelen zu Shelleys Frankenstein. Was Ewers beschreibt, ist zu seiner Zeit noch keineswegs etwas, was im Bereich des Möglichen gesehen wird, obwohl es tatsächlich in Deutschland in den 1920er Jahren bereits Forschung zu Geschlechtsangleichungen gab und sich zwischen 1922 und 1931 erste Patient*innen operativen Eingriffen unterzogen (Bhinder und Upadhyaya 2021, 251).

Leseeindrücke

Aus heutiger Sicht erscheint die Lektüre merkwürdig. Zunächst verwundert die mangelnde psychologische Motivation. Dann werden Lesende mit der Beschreibung eines detailliert imaginierten chirurgischen Eingriffes konfrontiert, bei dem männliche Geschlechtsorgane transplantiert werden, indem sie in der Phase des Anwachsens sowohl mit dem Körper des Spenders als auch des Empfängers verbunden sind. Insgesamt geht bei der Umwandlung aber alles auf wundersame Weise gut und Andreas wird zum Idealtypus eines Mannes (der sogar zeugungsfähig ist), obwohl der Eingriff nie zuvor erprobt wurde. Und schließlich geht die Handlung immer wieder zurück zu Andreas Kindheit bei der Großmutter in einem ewig gestrigen Waldidyll. All das wirkt beim Lesen geradezu absurd, ist literaturhistorisch aber hochinteressant, da es sich um ein rares Beispiel für eine frühe Transitionsgeschichte handelt.  

Die Figuren

Im Zentrum der Betrachtungen steht hier zunächst die Protagonisten-Figur Andrea(s), doch wie in dieser Blogartikel-Serie üblich, ist die offensichtliche für unsere Einzeltextanalyse nicht die einzige Wahl. In diesem Fall scheinen uns zwei weitere Figuren von besonderem Interesse zu sein. Zum einen haben wir in unseren bisherigen Analysen zu Balzacs Sarrasine, LeFanus Carmilla und Panizzas Ein skandalöser Fall stets festgestellt, dass neben einer in Bezug auf Gender ungewöhnlichen Figur noch eine zweite steht, die diese ergänzt oder komplementiert. In Fundvogel ist sicherlich die Figur der Gwinnie, die mit ihrer gegen Normvorstellungen verstoßenden, unerwünschten Liebe den ganzen Plot überhaupt erst auslöst, von zentraler Relevanz. Wenn es um ungewöhnliche Darstellungen von Gender geht, lohnt es sich jedoch auch, den Fokus auf einen ganz anderen Aspekt der Erzählung zu lenken, nämlich auf die Welt der Medizin. In dieser findet sich nur eine Person, die die Transition durchführen möchte und hierbei handelt es sich um eine Frau. Inwiefern diese drei Figuren ungewöhnlich dargestellt sind und wie sie sich zu den anderen Figuren verhalten, wird in den nun folgenden Abschnitten vorgestellt.

Andrea Woyland

Das Profil der Transition-Figur Andrea(s) entspricht genau dem, was man von einer solchen Figur erwarten würde und bildet darum ein geradezu klassisches Muster aus. Da die Figur im ersten Teil des Romans weiblich ist, dann eine Umwandlung erfährt und im weiteren Erzähltext männlich ist, verwundert es nicht, dass keine der beiden herkömmlichen Binärkategorien weiblich und männlich eine absolute Mehrheit an Genderrollen zeigt. Zwar sind 40,37% der nominalen Referenzen weiblich, 36,65% sind aber auch neutral, 20,5% männlich und 2,48% wurden als divers annotiert. Keine der Kategorien zeigt eine absolute Mehrheit. Auf inhaltlicher Ebene ist interessant, wie stark die männlichen Referenzen auf einen Idealtypus hinweisen. Zu finden sind natürlich “Verlobter” und “Bräutigam”, schließlich war der Sinn der Umwandlung ja, Andrea zu einem solchen zu machen. Wörter wie “Halbgott”, “Apollon” oder “Achilles” weisen darauf hin, welche Schönheit Andreas auszeichnet. Andrea ist nicht nur zu einem Mann geworden, sie entspricht nach ihren Operationen geradezu einem Idealtypus. Dennoch gelingt es ihm nicht, die ihm zugedachte Rolle des “Verführers” gegenüber Gwinnie einzunehmen. 

Gwinnie Briscoe

So essentiell die Figur der Gwinnie Briscoe für den Plot des Romans Fundvogel auch ist, sie bleibt doch eine Figur ohne psychologische Tiefe. Einerseits wird sie geradezu stereotyp als oberflächliche und herrische Amerikanerin dargestellt, auf der anderen Seite ist sie untertänig und devot, wenn sie mit Andrea Woyland konfrontiert wird. Zwar wird Gwinnie als homosexuell charkterisiert, doch ist es nicht das, was sie zu einer ungewöhnlichen Frauenfigur macht. In Gwinnie Briscoes Profil stehen hauptsächlich neutrale Referenzen (rund 48%), auch wenn diese keine absolute Mehrheit ausmachen. Sie wird z.B. als ‘Püppchen’, ‘Figürchen’, ‘Kindchen’ oder gar ‘Würmchen’ bezeichnet. Die Verkleinerungsformen (Diminutiv) zeigen, wie wenig sie ernst genommen wird.

Auch die insgesamt rund 44% ausmachenden weiblichen Bezeichnungen für Gwinnie deuten in eine ähnliche Richtung. Sie wird als ‘Prinzessin’, ‘Jüngferchen’, ‘Tochter’ und ‘Mädel’ bezeichnet. Die einzige männliche Referenz als ‘Herr’ (rund 2%) steht in seltsamem Kontrast dazu. Ihr Vater sagt zu Tex Durham, einem Verehrer seiner Tochter: “Schließlich ist sie ihr eigener Herr, wird schon wissen, wen sie will, und wen nicht”. Leider übersieht Papa Briscoe bei seiner unkonventionellen Idee, eine Umoperation für Andrea zu bezahlen, den entscheidenden Faktor, dass seine Tochter im Grunde nicht nur weiß, wen sie will, sondern auch, was sie will. Wie das Ende des Romans zeigt, ist das kein konventioneller Bräutigam, auch wenn er noch so schön ist, sondern eine Frau. 

Dr. Hella Reutlinger

Neben Andrea und Gwinnie gibt es in diesem Roman noch eine weitere ungewöhnliche Frauenfigur: Dr. Hella Reutlinger. Die Ärztin ist die einzige, die sich bereit erklärt, Andrea zu Andreas umzuoperieren. Angetrieben wird sie vom Drang, sich zu profilieren. Die Darstellung dieser Figur ist sehr negativ gefärbt und beinhaltet stark antisemitische Klischees (vgl. Jones 2001, 327). Betrachtet man zunächst die relativen Anteile von Gender-Rollen, so kann man wenig Ungewöhnliches feststellen. Hella Reutlinger wird mit rund 71% weiblichen, rund 23% neutralen und rund 6% männlichen Ausdrücken bezeichnet. Nur zwei Referenzen – ”Scharlatan” und “Mann” – implizieren eine männliche Facette der Doktorin.

Was sie ungewöhnlich macht, sind also nicht diese geringe Anzahl an männlichen Ausdrücken im Profil. Mit Ausdrücken wie “Tigerin”, “Mörderin”, “Betrügerin”, “Schwindlerin”, “Teufelin” und “Metzgerin” wird Hella Reutlinger zwar eindeutig weiblich gegendert, ihr Profil enthält damit aber viele Bezeichnungen, die sie nicht mit anderen Frauenfiguren teilt. Lediglich über die Ausdrücke “Weibsbild” und “Frau” ist sie mit anderen weiblichen Figuren im Netzwerk verbunden. Auch die Verbindung zu Männerfiguren ist dünn. Lediglich der Ausdruck “Mann” verbindet die Ärztin mit anderen männlichen Figuren. Insgesamt steht Dr. Hella Reutlinger ganz am Rande des Netzwerkes dieses Romans. Sie ist wenigen Figuren ähnlich und das auch nur durch sehr allgemeine Ausdrücke. Ähnlich wie bei der Vampirin Carmilla, die wir im zweiten Blogartikel dieser Serie analysiert haben, haben wir es hier mit einer insgesamt andersartigen Figur zu tun, die von anderen durch Ausdrücke unterschieden wird, die ihre Bösartigkeit oder gar Monstrosität betonen.

Abb. 1: Ego-Netzwerke der beiden zentralen Figuren Andrea Woyland und Gwinnie Briscoe, sowie von Dr. Hella Reutlinger; rot steht für männliche, blau für neutrale und grün für weibliche Referenz-Ausdrücke.

Das Netzwerk der Gender-Rollen im Roman Fundvogel

Das Netzwerk von Ewers Roman Fundvogel zeigt eine starke Trennung zwischen einer männlichen und einer weiblichen Sphäre, die überall von neutralen Ausdrücken durchzogen ist. Das heißt, es bildet sich keine eigene neutrale Zone aus. Ins Auge sticht auch die bereits im vorigen Abschnitt beschriebene Position Hella Reutlingers, die außerhalb der Gender-Sphären und auch des Gesamtnetzwerkes angezeigt wird. Insgesamt gibt es rund 39% männliche, 32% weibliche, 27% neutrale und 1% diverse Figuren-Referenzen. Im Zentrum des Netzwerks stehen drei Figuren: Andrea Woyland, Gwinnie Briscoe und Jan Olieslagers.

Alle anderen Charaktere bilden weniger komplexe Profile aus, auch wenn die männlichen Figuren insgesamt etwas komplexer (und auch zahlreicher) sind. Das Netzwerk zeigt die transzendentalen Positionen von Andrea und Gwinnie. Beide Figuren heben sich deutlich von der weiblichen Sphäre ab und sind näher bei der männlichen Sphäre positioniert als andere weibliche Figuren. Dennoch zeigen sie einen größeren Abstand zum männlichen als zum weiblichen Pol des Netzwerks. Jan Olieslagers, der Cousin von Andrea, mit dem sie eine lebenslange unglückliche (da einseitige) Liebe verbindet, ist hingegen eindeutig in der männlichen Sphäre verortet. Dennoch hebt er sich hier ab und ist etwas am Rande positioniert. Das Netzwerk zeigt auf visueller Ebene, was auch beim Lesen des Romans deutlich wird. Jan Olieslagers ist durchaus ein ungewöhnlicher, aus Andreas Perspektive herausragender Mann. Er ist es aber nicht, indem er Gender-Grenzen herausfordert, sondern durch seine typische Männlichkeit. 

Abb. 2: Netzwerk von Figuren und ihren Gender-Zuweisungen in Ewers’ Roman Fundvogel (farbliche Codierung wie in Abb. 1) 

Literaturwissenschaftliche Einordnung

Eine interessante Perspektive, die James W. Jones in seinem Artikel Acceptable Homosexual Heterosexuality aufzeigt, wird von den von uns generierten Daten stark unterstützt: Ewers erschafft im Fundvogel eine männliche Normwelt, in der das Andere weiblich und unerwünscht ist (vgl. Jones 2001, 322). Das Netzwerk in Abb. 2 zeigt eine solche Normwelt, in der die Mehrzahl der Charaktere männlich ist und die meisten weiblichen Charaktere in der Charakterisierung flach bleiben, d.h. nur wenig komplexe Profile mit wenigen Genderrollen ausbilden. Weibliche Homosexualität, wie sie von Gwinnie Briscoe personifiziert wird, bedeutet eine Bedrohung für die Männerwelt und muss korrigiert werden (ebd.). James folgend geht der misogyne Diskurs im Fundvogel einher mit einem antisemitischen (beides zeigt sich, wie oben bereits erläutert, in der Figur der Dr. Hella Reutlinger) (ebd.). Das Andere muss ausradiert oder als monströs ausgegrenzt werden (vgl. Jones 2001, 323).

Integration des Weiblichen in das Männliche

Auch Franz Schneider betont in seinem Artikel Hermaphroditismus zur Auflösung der Geschlechtergrenzen die Bedeutung der kompletten Integration des Weiblichen in das Männliche (vgl. Schneider 2002, 162). Irmela Krüger-Fürhoff und Tanja Nusser gehen in ihrem Beitrag Die Fabrikation des Menschen. noch einen Schritt weiter und interpretieren die Umwandlung von Andrea Woyland zum Mann nicht nur als Anpassung an das Männliche, sondern konkret an die Figur des Cousins Jan Oliesliagers. Die Physiognomie und die Körpersprache der beiden Männer-Figuren gleichen sich nach dem chirurgischen Eingriff an (Krüger-Fürhoff und Nusser 2008, 89). Dennoch erweist sich der Versuch der Geschlechtsumwandlung letztlich als defizitär. Medizinisch-technisch ist der Wandel zwar möglich, aber die Psyche passt sich nur teilweise der neuen Situation an und Andrea(s) fühlt sich mal als Mann und mal als Frau (vgl. Schneider 2002, 163, Krüger-Fürhoff und Nusser 2008, 89). 

Gwinnie Briscoe ist als weiblich homosexuelle Figur vielleicht die Figur mit dem meisten Potential dafür, in Bezug auf Gender ungewöhnlich dargestellt zu werden. Wie wir bereits in der Figurencharakterisierung festgestellt haben, wird sie allerdings nicht über eine Häufung männlicher Referenzen als ungewöhnlich dargestellt. Auch Jones stellt fest, dass Gwinnie Briscoe keine maskulinen Züge trägt und darum nicht einer Theorie entspricht, nach der weibliche Seelen in männlichen Körpern oder männliche Seelen in weiblichen Körpern ein drittes Geschlecht bilden (vgl. Jones 2001, 326 und 320). Stattdessen stellt sich heraus, dass Gwinnie zu schwach ist, um im Sinne des Survival-of-the-fittest-Ansatzes den Überlebenskampf zu bestehen und Selbstmord begeht (vgl. Jones 2001, 327).

Das „Happy End“

Am Ende beschließen Andreas und sein Cousin Jan Olieslagers gemeinsam ein Kind aufzuziehen, das eine gemeinsame Geliebte (eine Krankenschwester, die Andrea(s) betreut hat) zur Welt bringt und gründen so eine zwar rein maskuline, davon abgesehen aber bürgerliche Familie (vgl. Jones 2001, 325). Maskulinität und Beziehungen zwischen Männern werden bevorzugt (vgl. Jones 2001, 329) – ganz wie das Netzwerk mit der ausgeprägten maskulinen Sphäre und den an den Rand gedrängten flachen weiblichen Figuren zeigt.

Krüger-Fürhoff und Nusser zeigen in ihrer Interpretation des Romans Fundvogel auf, dass am Ende des Romans das Happy-End eines männlichen homo-sozialen Bundes zwischen Andreas und Jan steht, das mit der Ausschaltung aller weiblichen Figuren einher geht. Andrea ist verwandelt, Gwinnie tot, Dr. Hella Reutlinger dämonisiert und die schwangere Krankenschwester, die das Kind von Jan und / oder Andreas austrägt, zur bloßen Statistin degradiert (vgl. Krüger-Fürhoff und Nusser 2008, 90). Am Ende ist vielleicht eines der erstaunlichsten Merkmale dieses Romans, dass die Geschichte einer Gender-Transition erzählt wird, aber ganz ohne das subversive Potential zu nutzen, dass so eine Geschichte entfalten könnte (vgl. Jones 2001, 328). Stattdessen überwiegen misogyne, antisemitische und konservativ-bürgerliche Darstellungen. 

Literatur

Bhinder, J. and Upadhyaya, P. (2021) ‘Brief History of Gender Affirmation Medicine and Surgery’, in D. Nikolavsky and S.A. Blakely (eds) Urological Care for the Transgender Patient: A Comprehensive Guide. Cham: Springer International Publishing, pp. 249–254. Available at: https://doi.org/10.1007/978-3-030-18533-6_19.

Brandenburg, U. (2003) Hanns Heinz Ewers: (1871 – 1943) ; von der Jahrhundertwende zum Dritten Reich – Erzählungen, Dramen, Romane 1903 – 1932 ; von der Genese des Arioheros aus der Retorte: die Gestaltwerdung einer ‘deutschen Reichsutopie’. Frankfurt am Main Berlin Bern Wien: Lang (Studien zur deutschen und europäischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts, 48).

Jones, J.W. (2001) ‘Acceptable Homosexual Heterosexuality: Hanns Heinz Ewers’s Fundvogel and National Socialist Ideology’, International Journal of Sexuality and Gender Studies, 6(4), pp. 319–332. Available at: https://doi.org/10.1023/A:1012273310289.

Krüger-Fürhoff, I.M. and Nusser, T. (2008) ‘Die Fabrikation des Menschen. Literarische Imaginationen von tissue engineering, Reproduktionstechnologien und Transplantationsmedizin im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts’, Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur (IASL), 33(1). Available at: https://doi.org/10.1515/iasl.2008.004.Schneider, F.M. (2002) ‘Hermaphroditismus zur Auflösung der Geschlechtergrenzen in Wissenschaft, Okkultismus und Fantastischer Literatur der Frühen Moderne (ca.1890-ca.1930)’. Available at: https://doi.org/10.3406/reger.2002.1534.

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